Deutschland ist aus Perspektive der Mediennutzung auf dem Weg zur digitalen Gesellschaft: Etwa 92 Prozent der Gesamtbevölkerung nutzt das Internet, der Großteil davon täglich. Die Mehrzahl aller Deutschen ist mehr als drei Stunden am Tag online, je jünger desto häufiger. Die Nicht-Nutzenden sind hauptsächlich Menschen höheren Alters, die in ihrem Leben bislang weitgehend ohne digitale Medien auskommen. Nahezu alle Menschen jünger als 50 Jahre nutzen also das Netz und verbringen dort regelmäßig Zeit, vor allem tun sie dies via Smartphone. Besonders stark ausgeprägt ist die mobile Vernetzung bei Menschen unter 30.
Einer klaren Mehrheit der deutschen Bevölkerung dient das Internet dazu, sich mit anderen Menschen auszutauschen, sich unterhalten zu lassen oder um sich zu informieren, wobei für jüngere Menschen der Unterhaltungswert, für Menschen jenseits der 50 der Informationswert des Netzes wichtig ist. Vor allem Messenger-Dienste, soziale Netzwerke sowie Streaming-Dienste für Video und Musik erfreuen sich großer Popularität, allerdings gelten Facebook, Instagram, YouTube, TikTok & Co. gerade bei jüngeren Menschen mitunter als Zeitfresser – Unterhaltung, Selbstbestätigung und Ablenkung sind ihre genannten Hauptnutzungsmotive.
An einigen Nutzungserlebnissen zeigen sich entsprechend deutliche Auswirkungen auf die Psyche als auch im Hinblick auf die Kreativität bei der Entwicklung individueller Coping-Strategien zur Reduktion der Vielnutzung digitaler Endgeräte. Entsprechend fehlt es vielen Nutzer:innen an einer Digitalen Medienresilienz, bezogen auf die Herausbildung individueller Kompetenzen zur Stressreduktion und Steigerung der Selbstwirksamkeit im gewohnten Umgang mit digitalen Medien: Es werden generelle und teilweise alarmierende Symptome eines psychischen Unwohlseins infolge der digitalen Mediennutzung genannt, etwa Überforderung, Schlappheit und der psychische Druck, ständig erreichbar zu sein. Unabhängig davon wird sozialen Netzwerken ein signifikanter Einfluss auf das psychische Wohlbefinden zugeschrieben, demnach ist der vielfach geäußerte Wunsch nach digitaler Entlastung und Stressbewältigung erkennbar.
Demgegenüber ist die Nutzung digitaler Nachrichtenangebote von Tages- und Wochenzeitungen und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seit der Corona-Pandemie teilweise angestiegen. Zurückzuführen ist dies offenkundig auf den journalistischen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsbonus: Solche professionellen Angebote stellen in der Quellenvielfalt im Netz für viele Menschen eine verlässliche und wichtige Orientierungsgröße gerade in Krisenzeiten dar.
Ferner hat die Corona-Pandemie unter anderem dazu geführt, dass sich Menschen befähigt sehen oder ihre Bereitschaft signalisieren, entschiedener gegen Desinformation vorzugehen und sich einen weniger rauen Umgangston in sozialen Medien erhoffen, sich mithin von professionellen Medien erwarten, dass diese lösungsorientierter über Probleme und Missstände berichten.
Einzelbefunde:
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Ausgeprägt ist die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook, Instagram, TikTok & Co. vor allem bei jüngeren Menschen: Der Anteil der Menschen unter 30 liegt bei 36 Prozent, die zwischen zwei und sieben Stunden täglich auf den Plattformen zubringen. Diese junge Altersgruppe zeigt sich besorgt angesichts des eigenen Nutzungsverhaltens von Smartphone und sozialen Netzwerken: Ein Großteil der jungen Befragten bedauert sie als „zu viel“ oder „deutlich zu viel“. Diese Gruppe ist in ihrer Selbsteinschätzung damit deutlich kritischer bzw. unzufriedener als ältere Befragte, wobei auch viele der 30- bis 49-Jährigen angeben, mit ihrer Social-Media-Nutzung unzufrieden zu sein.
02
Auf die Messenger-Dienste entfällt der Großteil der Nutzungszeit digitaler Medien: Altersübergreifend populär sind WhatsApp, Telegram, Signal und andere Dienste für die wechselseitige Kommunikation. Sie sind mit Abstand das zeitintensivste Digitalangebot mit Blick auf die Regelmäßigkeit und Häufigkeit ihrer Nutzung in allen Bevölkerungsteilen.
03
Soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram gehören für etwas mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen zur täglichen Mediennutzung, bei Älteren ist es ein deutlich geringerer Anteil. Populärer sind zudem Streaming-Dienste für Video und Musik: Einschlägige Plattformen wie YouTube, Netflix oder Spotify sind besonders bei Menschen unter 50 beliebt.
04
Journalistische Nachrichtenwebsites werden im Altersvergleich vor allem von Menschen mittleren Alters aufgerufen, täglich immerhin von der Hälfte. Bei News-Apps fallen die Anteile im Vergleich zu den News-Websites in allen Altersgruppen geringer aus. Spezielle gesundheits- und verbraucherorientierte Informationsangebote im Internet ziehen immerhin etwa zehn Prozent aller Befragten mindestens einmal in der Woche zu Rate.
05
Die Allgegenwart digitaler Medienangebote ist hauptsächlich der Dominanz der Smartphone-Nutzung im Alltag geschuldet: 93 Prozent derjenigen, die das Internet nutzen, tun dies mit dem Handy. Auch Festrechner und Laptops sind in den meisten Haushalten als digitaler Zugang zur Welt in Gebrauch. Internetfähige Tablets und Smart-TVs erzielen hohe Nutzungswerte bei etwa der Hälfte der Befragten. Endgeräte wie Gaming-Konsolen, Smartwatches und smarte Lautsprecher, die auf Stimmbefehle reagieren, sind eher bei Menschen unter 50 im Einsatz. So erweist sich die digitale Geräteausstattung zur Internetnutzung besonders bei Menschen von 14 bis 49 Jahren als ausgesprochen vielfältig und in nahezu alle Bereiche des Alltags integriert.
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Das Internet dient einer klaren Mehrheit der Befragten dazu, sich mit anderen Menschen auszutauschen, sich unterhalten zu lassen oder um sich zu informieren. Auch berufliche Gründe sprechen für den überwiegenden Großteil der arbeitenden Bevölkerung für dessen regelmäßige oder tägliche Nutzung. Wenn sie sich für das Hauptmotiv ihrer Internetnutzung entscheiden müssen, steht für jüngere Menschen tendenziell eher der Unterhaltungswert des Netzes im Vordergrund, für die Mehrheit der Menschen ab 50 ist es dagegen der Informationswert. Auffällig sind Abweichungen bei den Nutzungsmotiven von Nutzer:innen sozialer Netzwerke im Vergleich zum Gesamtfeld der Befragung: So erhoffen sich deutlich mehr Instagram-Hauptnutzer:innen von sozialen Netzwerke eine Selbstbestätigung (z.B. durch Likes oder Reposts). Sie neigen auch dazu, sich von anderen Dingen ablenken lassen zu wollen, indem sie soziale Medien nutzen.
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Online-Medienangebote sind Allzweckmittel für eine Bandbreite an kommunikativen Anforderungen und Bedürfnissen des beruflichen und privaten Alltags. Dies zeigt sich auch daran, dass diese von einer Mehrheit der Befragten überall dort genutzt werden, wo sie sich aufhalten: zu Hause, im Büro, in der Schule, Hochschule oder Ausbildungsstätte, auch im Urlaub. Bei Menschen unter 30 ist die mobile Konnektivität besonders stark ausgeprägt: Hier ist die Online-Nutzung selbst bei gemeinsamen persönlichen Treffen mit Freunden und Bekannten für fast 44 Prozent kein Tabu.
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Die Zahlungsbereitschaft für digitale Medienangebote ist hinsichtlich des Alters der Befragten unterschiedlich: Ein Großteil der Menschen bis 49 Jahre zahlt bereits für Video-Streaming, Menschen unter 30 mehrheitlich für Audio-Streaming. Für Nachrichtenangebote im Netz dagegen geben vor allem Menschen zwischen 30 und 69 Jahren Geld aus, wenn auch nur ein knappes Fünftel. Dabei informieren sich vorrangig Menschen unter 30 häufig über Aktuelles aus Politik, Wirtschaft, Kultur und der Welt; Menschen über 30 suchen dagegen häufig nach Informationen aus ihrem direkten Lebensumfeld.
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Suchmaschinen sind die Hauptinformationsquelle der Deutschen, bei jüngeren Menschen bis 29 Jahre zum Teil auch YouTube. Wichtigster Grund: Ihre Nutzung sei zur Gewohnheit geworden, sagen die Befragten. Aber auch die Zuschreibung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit im Sinne unabhängiger, überparteilicher und valider Information spielen für deren Nutzung eine zentrale Rolle. Auffällig ist die Tendenz zur vielseitigen Quellennutzung: Die Mehrzahl der Menschen unter 50 nutzt täglich zwei oder drei verschiedene Online-Nachrichtenangebote, ein knappes Fünftel sogar fünf und mehr.
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Digitale Mediennutzung, insbesondere Social-Media-Zeit, hinterlässt psychische Spuren, die sich auf die Resilienz auswirken. Die Befragungsergebnisse deuten besonders bei jungen Menschen auf ein ambivalenten Nutzungsverhalten hin: Überwiegend Menschen unter 30 verbinden mit dem Begriff ‚digitale Vernetzung‘ positive Assoziationen und fühlen sich nach der Nutzung sozialer Netzwerke positiv gestimmt (inspiriert, fröhlich, motiviert, glücklich). Dagegen zeigen sich bei mehr als einem Viertel psychische Beschwerden wie Überforderung, Schlappheit und innere Leere.
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Hauptnutzer:innen von Instagram unterscheiden sich stark in der Bewertung ihrer emotionalen Nutzungserfahrung vom Gesamtfeld aller Internetnutzer:innen: 60 Prozent (statt 49 Prozent) nennen negative Gefühle, 94 Prozent (statt 87 Prozent) positive. Einen „eher hohen“ bzw. „sehr hohen“ Einfluss auf ihr psychisches Wohlbefinden – ob positiv oder negativ – sehen mit Abstand vor allem die jüngeren Befragten. Unter allen Befragten, die einen emotionalen Einfluss erkennen, nennen wiederum etwa die Hälfte negative Aspekte und nur ein knappes Drittel positive. Vorrangig genannt werden Überwältigungstendenzen, Zeitverlust, körperliche Symptome und der psychische Druck, ständig erreichbar zu sein.
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Das meistgenutzte soziale Netzwerk der Deutschen ist Facebook, gefolgt von Instagram. Die Reihenfolge der Beliebtheit kehrt sich bei der jüngsten Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen um; hier liegt Instagram mit deutlichem Abstand vorn. Facebook wird von Menschen mittleren und fortgeschrittenen Alters bevorzugt genutzt. Übergreifend kritisieren die Befragten an ihrem jeweils meistgenutzten sozialen Netzwerk, dass dort viel Hass und Hetze vorkämen. Mehr als ein Drittel aller Befragten halten es für einen Ort, der riskant und gefährlich sei. Menschen unter 30 schätzen – eher als ältere Befragte – dagegen die Entspannungs-, Austausch-, Selbstbestätigungs- und Eskapismus-Qualitäten ihres am häufigsten genutzten sozialen Netzwerks.
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Zwar schätzen sich die meisten Befragten selbst als (weitgehend) souverän bei der Orientie-rung digitaler Medienangebote ein – wobei sich viele Befragte, die täglich nur kurz online sind, angesichts der Vielfalt schwer im Internet zurechtfinden. Auch lassen die Angaben zu Stresssymptomen durch digitale Medienzeit sind insbesondere bei jüngeren Menschen zwischen 14 und 29 Jahren aufhorchen: Die Nutzungsdauer korrespondiert unmittelbar mit der Fixierung auf das Smartphone sowie andere digitale Endgeräte. Dadurch entsteht ein entsprechender Leidensdruck insbesondere bei den jungen Bevölkerungsteilen, die sich von verschiedenen Coping-Formen eine digitale Entlastung versprechen, etwa ausgedehnte Pha-sen in der Natur oder die Pflege sozialer Kontakte, eine Einschränkung der digitalen Medienzeit und speziell der Social-Media-Nutzung – allesamt Maßnahmen, die zur eigenen Stressbewältigung beitragen sollen.
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Akuten Handlungsbedarf sehen die befragten Mediennutzenden sowohl bei sich selbst als auch bei anderen: Insgesamt sticht in der Bevölkerung der Wunsch hervor, entschiedener gegen die Verbreitung von Desinformation (‚Fake News‘) vorzugehen, in sozialen Medien höflicher und sachlicher zu diskutieren und lösungsorientierter über Probleme und Missstände zu berichten. Die Hauptverantwortung zur Verbesserung in diesen Problembereichen sehen die Befragten in erster Linie bei sich selbst, also den Nutzer:innen, aber auch bei den Social-Media-Konzernen. Auch von Behörden bzw. der Regierung, dem Journalismus und regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) wünschen sich viele Menschen ein gezielteres Engagement gegen Einflussnahme, Manipulation und Abhängigkeiten der digitalen Mediennutzer:innen.
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Persönlich zeigen sich vor allem Menschen unter 50 Jahre bereit, mehr Zeit aufzuwenden, um sich genauer über Herkunft und Qualität eines Medieninhalts zu informieren. Auch würde mehr als die Hälfte dieser Altersgruppe gerne weniger Zeit mit sozialen Medien verbringen. Altersübergreifend gibt es eine hohe Bereitschaft, sich stärker mit dem Problem der Desinformation auseinanderzusetzen und sich aktiver zu informieren, wie Quellen überprüft und Falschinformationen erkannt werden können.
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In der Corona-Pandemie hat das Ansehen des Journalismus unter der internetnutzenden Bevölkerung nicht gelitten – im Gegenteil: Klassische Rollenzuschreibungen wie die hohe Relevanz journalistischer Praxis für die Demokratie, für öffentliche Meinungsvielfalt und zur gesellschaftlichen Orientierung in Krisenzeiten erhalten in allen Altersgruppen hohe Zustimmungswerte. Allein die Funktion des Kontrolleurs der Mächtigen aus Politik und Wirtschaft erhält etwas weniger Zustimmung, wenn auch eine einhellige. Ein Hindernis für wirtschaftliches Wachstum erkennt nur eine kleine Minderheit im journalistischen Beruf; für überflüssig hält den Journalismus indessen kaum jemand.
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In Krisenzeiten werden digitale Medienangebote gern und häufig als Informationsquelle genutzt: Dies zeigt sich unter anderem an dem großen Interesse der Befragten an den Themen Corona-Pandemie, gesunde Bewegung und Ernährung sowie Selbstoptimierung (gemeint als körperliche und geistige Leistungsfähigkeit): Vornehmlich Jüngere haben ein gesteigertes Interesse an Informationen zum Umgang mit psychischen Belastungen und an Tipps für den Alltag zur Stressbewältigung und zur Steigerung des Wohlbefindens – auch im Sinne der psychischen Resilienz. Junge Menschen unter 30 tauschen sich seit Corona deutlich häufiger als andere Altersgruppen mit anderen Menschen online über Aktuelles aus. Sehr viele haben selbst in dieser digitalaffinen Zielgruppe offenbar zugleich Schwierigkeiten, angesichts der Vielzahl an Online-Informationen den Überblick zu behalten.
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Insgesamt sind es vor allem die 14- bis 29-Jährigen, deren Mediennutzungsverhalten sich unter dem Eindruck der Pandemie stark gewandelt hat. Dazu gehört auch die häufigere Nutzung der klassischen Online-Nachrichtenangebote von Tages- und Wochenzeitungen und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Hier gibt es im Altersvergleich die stärksten Zuwächse – und damit einen nennenswerten Vertrauens- bzw. Glaubwürdigkeitszuwachs dieser Quellen als verlässliche Informationsanker. Auch nutzerbetriebene Gruppen in sozialen Medien werden von einem Viertel der jungen Altersgruppe häufiger als vor der Pandemie frequentiert, wobei Social-Media-Kanäle von so genannten Influencer:innen nur von wenigen nach eigener Angabe „häufiger“ genutzt werden.