„Unsere Demokratie besser schützen“
3 Fragen, 3 Antworten: Dr. phil. Stephan Weichert, Vorstand beim VOCER Institut für Digitale Resilienz
Was kann gemeinnütziger oder gemeinwohlorientierter Journalismus leisten? Und wie lässt er sich finanzieren? Drei Fragen an Dr. phil. Stephan Weichert, Vorstand beim VOCER Institut für Digitale Resilienz.
Was hat Nonprofit-Journalismus mit einer resilienten Demokratie zu tun?
Als unabhängiger Bildungsträger setzen wir in unserer gemeinnützigen Arbeit seit fast 15 Jahren neue Akzente für nachhaltige Medieninnovation, eine konstruktive Debattenkultur und mehr Demokratie-Resilienz. Wir glauben, dass nur eine ganzheitliche Betrachtung der durch zahlreiche Krisen geprägten Gesellschaft dabei hilft, neue Antworten auf die Dynamiken in der digitalen Transformation zu finden. Nonprofit-Journalismus kann eine dieser Antworten sein, weil durch gemeinwohlorientierte Medienstrukturen die Menschen auch langfristig mit unabhängigen Informationen versorgt werden und unsere Demokratie besser geschützt werden kann.
Wenn Sie in das Curriculum jeder journalistischen Ausbildung einen Kompetenzbereich hinzufügen könnten, welcher wäre das?
Wir müssen dort, wo es möglich ist, allen Journalist:innen neue Schnittstellenkompetenzen in dieser Phase des beruflichen Umbruchs vermitteln – in der Ausbildung, aber vor allem in der Weiterbildung. Konkret sollten sich Journalist:innen mit innovativen Dialogformen im Lokalen, selbstwirksamer Mediennutzung, einer resilienten Führungskultur und lösungsorientierter Kommunikation befassen. Auch „KI-Resilienz“ halte ich für eine relevante Schlüsselkompetenz.
Welche Tools aus dem Non-Profit-Bereich würden Sie journalistischen Organisationen in einem Coaching zu nachhaltiger Medieninnovation an die Hand geben?
Es gibt in unserem neuen „Whitepaper Nonprofit-Journalismus“ eine Vielzahl fundierter Stellungnahmen und Gedankenanstöße, aber auch Ratschläge und Lösungsansätze für ein praktisches Vorgehen. Weil wir das Thema weder steuerrechtlich noch makroökonomisch, sondern systemisch betrachten, ist unsere Perspektive eine gesellschaftliche. Das heißt wir fragen „Wie kann ein Journalismus für die Gesellschaft gelingen?“, aber auch: „Wo liegen die möglichen Fallstricke?“. Eine der größten Herausforderungen ist es, sich die potenziellen Abhängigkeiten von Förder:innen bewusst machen und das Spektrum der Geldgeber:innen möglichst breit zu streuen – also so, wie wir es auch bei VOCER seit vielen Jahren praktizieren.
Dr. phil. Stephan Weichert ist Vorstand des gemeinnützigen VOCER Instituts für Digitale Resilienz und Mitgründer des Think & Do Tanks VOCER. Der Medienwissenschaftler ist neben seiner Tätigkeit als Innovationsberater seit 20 Jahren im Bereich der journalistischen Aus- und Weiterbildung tätig (Lehraufträge u.a. an der TU Dortmund und der FH-Graz). Er leitet gemeinsam mit Alexander von Streit und Leif Kramp das von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien geförderte Wissensdatenbankprojekt NPJ.news und ist Geschäftsführer der DIALODGE, einer Bildungs- und Begegnungsstätte in Mustin bei Ratzeburg (Schleswig-Holstein).
Dieses Kurzinterview ist ein Auszug aus dem „Whitepaper Non-Profit-Journalismus“ von Leif Kramp und Stephan Weichert, das Handreichungen für Medien, Politik und Journalismus bietet. Es erscheint im Oktober 2023 bei der Otto-Brenner-Stiftung und wird dort sowohl in gedruckter als auch in digitaler Fassung kostenfrei erhältlich sein.